Planungsprozesse entschlacken
Was Projektentwickler von Start-ups lernen können
In der klassischen Projektentwicklung regiert das Diktat der Formalität. Genehmigungshierarchien, seitenlange Protokolle, endlose Abstimmungsschleifen. Wer einmal versucht hat, ein größeres Vorhaben durch die Mühlen einer Bau- oder Stadtentwicklungsbehörde zu treiben, weiß: Geschwindigkeit sieht anders aus.
Start-ups dagegen ticken völlig anders. Sie müssen mit begrenzten Ressourcen schnell liefern, testen, anpassen. Ihr Vorteil: Sie verschwenden keine Zeit mit unnötigem Verwaltungsaufwand. Das heißt nicht, dass sie planlos sind – ganz im Gegenteil. Sie arbeiten mit Systemen, die genau darauf ausgelegt sind, mit wenig Overhead maximale Wirkung zu erzielen.
Projektentwickler könnten von diesem Mindset mehr übernehmen, um ihre eigenen Prozesse effizienter und schlanker zu gestalten. Der Unterschied beginnt beim Denken und endet bei konkreten Tools und Methoden.

Lean Management in der Planung
Der Begriff „Lean“ stammt aus der Industrie, genauer gesagt von Toyota. Dort wurde in den 1950er Jahren ein System entwickelt, das Verschwendung vermeidet und den Fokus auf Wertschöpfung legt. Heute nutzen viele Start-ups dieses Prinzip, um sich am Markt flexibel zu bewegen.
Was heißt das konkret für die Projektentwicklung? Weniger Papier, mehr Wirkung. Weniger Gremien, mehr Verantwortung vor Ort. Lean Planning bedeutet: Nur das planen, was notwendig ist. Frühzeitig Nutzerperspektiven einholen. Entscheidungen datenbasiert treffen. Nicht alles bis ins Letzte vorausplanen, sondern dynamisch reagieren können.
Tools und Methoden: Kanban, SCRUM, Sprints
Wer sich an den Arbeitsweisen moderner Tech-Start-ups orientiert, landet schnell bei Methoden wie SCRUM oder Kanban. Diese stammen ursprünglich aus der Softwareentwicklung, lassen sich aber problemlos auf andere Bereiche übertragen.
Kanban
Ein simples, aber effektives System, um Aufgaben sichtbar zu machen und Engpässe zu identifizieren. Alles wird in Spalten auf einem Board dargestellt: To Do, In Progress, Done. Jeder sieht, was ansteht.
SCRUM
Strukturierter, mit festen Rollen (Product Owner, SCRUM Master, Team) und klar definierten Abläufen. In kurzen Zyklen (Sprints) wird ein konkretes Ziel verfolgt. Nach jedem Sprint gibt es ein Review: Was lief gut, was nicht, was kommt als Nächstes?
Sprints
Auch losgelöst von SCRUM nutzbar. Statt sich in Quartalsplanung zu verlieren, setzt man sich kurzfristige Ziele – etwa: „In den nächsten zwei Wochen klären wir alle offenen Fragen zur Genehmigungsfähigkeit.“
Diese Methoden zwingen zu Fokus und Kommunikation. Sie verhindern, dass Themen versanden oder Verantwortlichkeiten verschwimmen.
Kulturwandel in Verwaltungen und Büros
Natürlich reicht es nicht, ein paar neue Tools einzuführen. Wirklich wirksam wird das Ganze erst mit einem Kulturwandel. In der Praxis heißt das: weniger Hierarchie, mehr Vertrauen. Weniger Kontrolle, mehr Verantwortung. Mut zur Entscheidung statt Angst vor Fehlern.
Verwaltungen und große Planungsbüros tun sich damit schwer. Die Angst, etwas falsch zu machen, lähmt oft den gesamten Apparat. Doch Fehler gehören zum Lernprozess. Wer nie etwas wagt, wird auch nichts Neues schaffen.
Start-ups leben vor, dass Agilität kein Chaos bedeutet, sondern Beweglichkeit. Dass ein MVP (Minimum Viable Product) besser ist als ein Konzept, das nie umgesetzt wird. Und dass Transparenz, Eigenverantwortung und Teamspirit mehr bringen als Mikromanagement.
Best Practices aus der Branche
Die Concular GmbH arbeitet bei zirkulären Bauprojekten mit interdisziplinären Teams und nutzt digitale Tools, um Materialkreisläufe effizient zu planen. Entscheidungen fallen agil, Daten stehen im Zentrum.
Urban Beta setzt auf modulare Stadtplanung und agile Workshops mit Stakeholdern. Ziel: Schnelle Iterationen und frühes Feedback statt monatelange Gutachtenschlachten.
Die Stadt Mannheim testet seit 2023 agile Projektgruppen für Stadtentwicklungsprojekte. Statt traditioneller Sitzungen gibt es zweiwöchentliche Reviews mit kurzen Statusupdates. Der Output ist gestiegen, die Sitzungsdauer gesunken.
Diese Beispiele zeigen: Es geht. Man muss nur wollen – und bereit sein, Dinge zu verändern.
Weniger Sitzungen, mehr Fortschritt
Projektentwicklung muss nicht träge und schwerfällig sein. Wer sich von Start-ups inspirieren lässt, kann seine Planungsprozesse entschlacken und schneller zu Ergebnissen kommen. Es braucht den Mut, alte Zöpfe abzuschneiden und Neues zu wagen.
Nicht jeder muss SCRUM-Zertifikate erwerben oder Post-its an die Wand kleben. Aber ein bewusster Blick auf Effizienz, Kommunikation und Verantwortung kann bereits viel bewirken. Am Ende geht es nicht darum, hip zu wirken – sondern Wirkung zu erzielen.